„Auf einen Kaffee mit Bernd Westphal“, lautete auch dieses Mal die Einladung des SPD Gemeindeverbandes an alle Holler Haushalte. 13 Bürgerinnen und Bürger kamen dieser Einladung nach und trafen sich am Donnerstagnachmittag im Cafe Engelke in Holle mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Westphal.

Der Vorsitzende des SPD-Gemeindeverbandes Holle, Sven Wieduwilt, begrüßte Bernd Westphal bereits zum zweiten Mal an diesem Tag: Schon am Mittag trafen sich der Bundestagsabgeordnete, der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies und der Hildesheimer Landrat Olaf Levonen mit dem Bürgermeister der Gemeinde Holle, Klaus Huchthausen, und weiteren interessierten Bürgerinnen und Bürgern bei Silium an der Autobahn zu den Themen Autobahnausbau und Hochwasserschutz.

Und das war gleich die erste Sorge, die aus der Bürgerschaft formuliert wurde: Sind die Regenwasser-Rückhaltebecken ausreichend groß geplant, so dass die durch den Autobahnausbau zusätzlich versiegelte Fläche die Hochwassergefahr nicht vergrößert? Tatsächlich, so Bernd Westphal, folgte die bisherige Planung einer Richtlinie aus dem Jahr 2005, die aktuell überarbeitet und an die Starkregenereignisse der letzten Jahrzehnte angepasst wird. Obwohl die Überarbeitung voraussichtlich erst 2020 abgeschlossen sein wird, sicherte der Bundestagsabgeordnete zu, sich für eine Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse bereits bei der aktuellen Planung stark zu machen.

Bernd Westphal leitete hier direkt über zum Klimawandel als Ursache für das gestiegene Hochwasserrisiko. Er wies darauf hin, dass zwar der Ausstieg aus der Braunkohle feststeht, aber auch ein sofortiges Abschalten aller Kohlekraftwerke bei weitem nicht ausreichen würde, um die im Pariser Abkommen vereinbarte CO2-Reduktion zu erreichen. Zusätzlich ist ein Wettbewerb um die besten Ideen erforderlich, um vor allem in den Bereichen Verkehr und privater Verbrauch Energie im großen Stil einzusparen. Einer einseitigen, gesetzlich vorgegebenen Bevorzugung der Elektromobilität erteile er in diesem Zusammenhang eine ebenso klare Absage wie Fahrverboten für Dieselfahrzeuge.

Auch zum Thema Diesel wurde engagiert diskutiert. Viele der Anwesenden forderten eine ähnliche Form der Entschädigung betroffener Fahrzeughalterinnen und -halter, wie die, zur der VW in den USA gezwungen wurde. Allerdings konnte Westphal im persönlichen Gespräch mit dem VW-Chef Matthias Müller keinerlei Bereitschaft zu irgendeinem Entgegenkommen erkennen – im Gegenteil betonte Müller sogar, der deutsche Autokäufer sei nicht in einer Weise betrogen worden, die auch nur ansatzweise zu Schadensersatz berechtigen könnte – dafür müssten Gesetze geändert werden.

Dies wiederum veranlasste einige Bürgerinnen zu der Frage, wie die Macht der Großkonzerne beschnitten werden könnte. Westphal führte dazu das kurz vor dem Abschluss stehende Gesetz zur Muster-Feststellungsklage an: Damit müsste gerade im Falle der Diesel-Affäre nicht jede Betroffene einzeln ihr Recht einklagen; vielmehr könnte beispielsweise ein Verbraucherschutzverband eine Muster-Klage einreichen, und alle Betroffene würden dann entsprechend dem Ausgang des Verfahrens behandelt werden.

Allerdings musste Westphal auch eingestehen, dass in einem anderen, von Maike Gückel, Fraktionsvorsitzende der SPD im Holler Gemeinderat, angesprochen Fall Lobbyarbeit ganz klar gefruchtet hat: Für Zeitungszusteller soll gemäß Koalitionsvertrag nur ein reduzierter Beitrag zur Rentenversicherung gezahlt werden. Die Differenz zum Mindestbeitrag wird mit Steuermitteln ausgeglichen – diese Sonderregelung wurde von den Zeitungsverlegern durchgesetzt.

Maike Gückel erwähnte hierbei auch die Vielzahl an Ausnahmen und Ausnahmen von den Ausnahmen im Bereich Mindestlohn und geringfügige Beschäftigung. Sie plädierte klar für eine Abschaffung von Ausnahmen, die nach ihrer Einschätzung häufig zu einem so geringen Einkommensunterschied von Geringverdienern und Hartz-IV-Empfängern führen, dass sich oft Arbeiten schon gar nicht mehr lohne. Westphal führte auch Beispiele auf, in den dies tatsächlich so ist, und wies darauf hin, dass die Hartz-IV-Gesetzgebung auch auf dem Prüfstand ist. Allerdings warnte er sowohl vor vermeintlich einfachen Antworten als auch davor, Sozialhilfeempfänger unter einen Generalverdacht zu stellen.

Eine weitere Forderung wurde von Horst-Günther Bode, Mitglied im Vorstand des SPD-Gemeindeverbandes Holle, erhoben: Der Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion und der SPD-Bundespartei sollte nicht von derselben Person besetzt werden. Nur so könne die oder der Parteivorsitzende frei und unabhängig von der Bundesregierung agieren.

Am Ende der Diskussion kam man wieder auf den Anfang, den Autobahnausbau: Es wurde gefragt, warum für den Bereich Holle keinerlei zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen geplant seien, um dem zu erwartenden erhöhten Verkehrsaufkommen Rechnung zu tragen. Bernd Westphal sagte zu, hierzu den Bundesverkehrsminister direkt anzuschreiben. Das sei zwar ein „dickes Brett“, aber sich einfach mit der Situation abzufinden wäre ja auch keine Lösung.

Sven Wieduwilt bedankte sich am Ende der Veranstaltung bei Bernd Westphal, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, ganz besonders aber beim Team vom Café Engelke für die gelungene Veranstaltung: „Die Bürgersprechstunde nicht im Separee, sondern quasi im öffentlichen Raum abzuhalten, ist schon etwas Besonderes. Die Bereitschaft des Café Engelke, dies zu ermöglichen, ist alles andere als selbstverständlich“, so Wieduwilt. „Diese Form sollte daher weiter gepflegt werden. Das Ambiente und die freundlichen Damen hinter der Theke leisten einen nicht unerheblichen Beitrag zur Akzeptanz“.