Am 11. September 2016 finden die Kommunalwahlen und damit auch die Wahlen zum Kreistag statt. Im Hinblick auf die Wahlen möchte Radio Tonkuhle die Positionen der hiesigen Parteien zu bestimmten Themen vergleichen und hat daher den Parteien entsprechende Fragen übersandt. Für den SPD-Unterbezirk Hildesheim, den Kreisverband der SPD, habe ich in meiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender die Fragen beantwortet. Die Fragen und Antworten finden Sie nachfolgend.

1) Wie kann man den Landkreis Hildesheim attraktiver für Familien machen - und wie verstehen Sie den Begriff "Familie", wenn er in Ihrem Wahlprogramm erscheint?

„Familie ist dort, wo Kinder sind und wo Lebenspartner oder Generationen füreinander einstehen.“ (Hamburger Grundsatzprogramm der SPD)

Das ist das Leitmotiv, an dem sich sozialdemokratische Familienpolitik orientiert – auch die der SPD im Landkreis Hildesheim.

Wir wollen, dass sich im Landkreis Hildesheim jeder wohlfühlt. Junge Menschen ebenso wie Ältere, Alleinlebende ebenso wie Paare, Familien ebenso wie Alleinerziehende. Das heißt auch, dass wir den Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht werden wollen, vor allem dann, wenn im Leben Probleme auftreten. Entsprechende Hilfen, Beratungen, Förderungen und Chancengleichheit auf allen Ebenen sind daher elementare Voraussetzungen eines gut funktionierenden gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Ein wichtiger Baustein in unserer Familienpolitik auf Landkreisebene sind die Familien- und Erziehungsberatungsstellen, weil sie sowohl für Prävention als auch für Hilfe in Konfliktsituationen gute Arbeit leisten. Die Angebote dieser Beratungsstellen wollen wir auch künftig fördern und ausbauen.

Unser bundesweit beachtetes Präventionsprojekt „PiAF – Prävention in aller Frühe“ konnten wir in der laufenden Wahlperiode auf den gesamten Landkreis Hildesheim ausdehnen. Auch in der kommenden Wahlperiode werden wir diese Initiative nach Kräften unterstützen und fortentwickeln, um der steigenden Zahl Schulanfänger mit Entwicklungsverzögerungen entgegenzuwirken.

Mit dem sogenannten Kita-Vertrag zwischen Landkreis und kreisangehörigen Kommunen haben wir einen gerechten und ausgleichenden Verteilerschlüssel für die Mittelverteilung zur Kindesbetreuung im Kreisgebiet erarbeitet. Die kontinuierliche Weiterentwicklung und partnerschaftliche Fortschreibung gibt uns sehr gute Gestaltungsoptionen für die Zukunft.

Ein attraktives, verlässliches und für jeden zugängliches Sport- und Kulturangebot in erreichbarer Nähe ist für Familien und insbesondere Jugendliche unerlässlich. Sport und Kultur bedeuten Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben und praktische Integrationspolitik. Diese Angebote spielen insbesondere bei der sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle. In Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden wollen wir dafür sorgen, dass flächendeckende Angebote zur Verfügung stehen und unabhängig von der Leistungsfähigkeit allen Kindern und Jugendlichen zugänglich sind.

Zur Attraktivität des Landkreises Hildesheim für Familien gehört aber natürlich noch mehr: Zentral sind dabei Bildung und Schule:

Wir setzen uns grundsätzlich für den Erhalt der wohnortnahen Schulangebote in der Region Hildesheim ein. Wo die Bevölkerungsentwicklung es zulässt, wollen wir kurze Wege statt langer Fahrzeiten aufrechterhalten.

Wir wollen weitere Betreuungsangebote an Schulen einrichten, um sie Schritt für Schritt zu echten Ganztagsschulen auszubauen. Die gesellschaftliche Entwicklung fordert neue Formen des Lernens, die am ehesten in einer Ganztagsschule abgedeckt werden können. Ganztagsschulen entsprechen den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft.

2) Der demographische Wandel schreitet voran, und Untersuchungen zufolge werden besonders sehr kleine und sehr große Wohnungen künftig gebraucht.Wie wollen Sie als politische Entscheidungsträger dafür sorgen, dass es genug bezahlbaren Wohnraum gibt?

Wir wollen alle Formen des gemeinschaftlichen Lebens unterstützen – und das fängt beim Wohnen an.

  • Mit Unterstützung eines Wohnungsbauförderprogramms des Landes sollen An-, Um- und Neubauten unterstützt und auch Rückbau ermöglicht werden.
  • Diese Maßnahmen sollen generationsübergreifendes und/oder barrierefreies bzw. inklusives Wohnen unterstützen.

In der laufenden Wahlperiode des Kreistages hat die rot-grüne Mehrheitsgruppe ein Wohnraumversorgungskonzept initiiert. Damit schaffen wir eine Grundlage, mit der die künftige Herausforderung zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bedarfsgerecht eingeleitet worden ist.

Wichtig ist, dass gerade kinderreiche Familien, Alleinerziehende, ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, aber auch alle anderen Menschen bezahlbaren Wohnraum finden, die ihren Bedürfnissen entsprechen. Den kommunalen Wohnungsbauunternehmen kommt dabei eine besondere Rolle zu, um dieses Ziel tatsächlich umsetzen zu können. Die Schaffung einer bedarfsgerechten Versorgung mit barrierefreien Wohnräumen in der Fläche ist hierbei ein zentraler Punkt.

3) Nach der Ankunft vieler Flüchtlinge in Deutschland geht der Fokus von der Unterbringung jetzt mehr auf die Integration. Von vielen damit betrauten Organisationen gibt es Klagen, dass sie sich nicht genug unterstützt fühlen. Was kann die lokale Politik tun?

Die Teilhabe aller Menschen am gemeinschaftlichen Leben im Landkreis Hildesheim ist uns losgelöst ihrer Herkunft sehr wichtig. Jeder soll die gleiche Chance haben, am politischen, sozialen, wirtschaftlichen und sozialen Leben in unserer Gesellschaft vorbehaltlos und ohne Ausgrenzung mitzuwirken.

Die Integration der zu uns gekommenen Flüchtlinge, von denen viele bei uns bleiben werden, wird eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe der kommenden Jahre sein. Sie muss auch als solche begriffen und angegangen werden.

Der Landkreis Hildesheim hat auf Initiative der rot-grünen Mehrheitsgruppe bereits eine Stabsstelle für Bildung, Integration und Demokratie eingerichtet, die die vielfältigen Integrationsaufgaben bündelt.

Wir werden die Personalbedarfsbemessung im Rahmen einer dezentralen Flüchtlingsbetreuung und –begleitung kontinuierlich beobachten und für eine Angemessenheit sorgen.

Wir werden als SPD-Kreistagsfraktion anregen, dass es einen regelmäßigen Austausch mit den in der Flüchtlingsarbeit engagierten Organisationen gibt, um deren Probleme, Anforderungen und Vorstellungen mit ihnen zu beraten, aufzunehmen und die Arbeit des Landkreises Hildesheim einfließen zu lassen. Es ist dabei zu prüfen und abzuwägen, ob diese Aufgabe von dem Arbeitskreis „Koordinierungsgruppe Einwanderung“ übernommen werden oder ob es hierfür einer anderen Arbeitsstruktur bedarf.

4) Was braucht der Landkreis Hildesheim vorrangig, um künftig als Wirtschaftsstandort zu bestehen und noch wachsen zu können?

Auch in Zukunft muss der Landkreis seinen Beitrag zur Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung leisten. Unsere zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen und das Handwerk sind feste Säulen der Innovationsregion Hildesheim. Wir müssen durch die Förderung und Unterstützung die Zukunftsfähigkeit besonders auch im ländlichen Raum sichern.

Die Förderung des Wirtschaftsstandortes lässt sich nicht auf einzelne Aspekte reduzieren. Es kommt dabei auf das Zusammenspiel von mehreren Faktoren an: frühkindliche Bildung, Schule und Ausbildung, die Perspektiven und Potenziale der Hochschulstandorte und der damit verbundene Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen, Infrastruktur und Mobilität. Und nicht bei allen Faktoren hat die kommunale Ebene Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.

Ausbildung ist und bleibt ein wichtiger Beitrag, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten und Grundlage für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes. Bei der Weiterentwicklung der Schulinfrastruktur werden wir einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung der Berufsbildenden Schulen legen. Es ist uns wichtig, die duale Berufsausbildung weiter zu stärken und auf Kreisebene ein „Bündnis duale Berufsausbildung“ mit allen Akteuren zu initiieren. Eine umfassende Modernisierung der Berufsbildenden Schulen unter Berücksichtigung der erforderlichen und besonderen Bedarfe aller in ihr Lebenden und Arbeitenden ist unerlässlich.

Die SPD im Landkreis Hildesheim steht für eine nachhaltige Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsentwicklung im Landkreis Hildesheim. Um dies zu erreichen,

  • nutzen wir die von uns auf verschiedenen Ebenen geschaffenen Netzwerke zur Regionalentwicklung und bauen sie aus
  • setzen wir uns für die Sicherung vorhandener und die Entwicklung neuer Dienstleistungs- und Industriestandorte ein. Dabei werden wir die nachhaltige Entwicklung in besonderem Maße berücksichtigen
  • fördern wir weiterhin Startup-Unternehmungen im hiesigen Kreisgebiet

Die Tätigkeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft HI-REG ist ein wertvoller, unverzichtbarer Bestandteil der Beschäftigungs- und Wirtschaftsförderung in der Region Hildesheim, den es weiterhin zu unterstützen gilt.

Die Breitbandversorgung ist heute eine wichtige Infrastrukturfrage. Wir wollen die durch die HI-REG koordinierte, in Teilbereichen des Kreisgebietes bereits erfolgreich erfolgte Optimierung der Breitbandversorgung fortführen, um eine lückenlose Versorgung zu erreichen. Nur so kann den im heutigen Medienzeitalter bestehenden Ansprüchen und Bedürfnissen aller im Landkreis lebenden Menschen, ansässigen Unternehmen und derjenigen, die sich hier ansiedeln oder investieren möchten, Rechnung getragen werden.

5) In der Stadt Hildesheim gibt es eine Gruppe, die sich für eine Bewerbung als Kulturhauptstadt im Jahr 2025 einsetzt. Wie stehen Sie dazu, und wie (wenn überhaupt) sollte sich die lokale Politik in der Sache einsetzen?

Wir begrüßen als SPD im Landkreis Hildesheim eine mögliche Bewerbung als Kulturhauptstadt 2025. Der Titel Kulturhauptstadt – und viel wichtiger: ein Prozess dorthin - bedeutet Perspektiven und Potenzial nicht nur für die Stadt Hildesheim, sondern für die gesamte Region, Perspektiven und Potenzial auch nicht nur für den engeren Bereich der Kultur, sondern auch für andere Aspekte der regionalen Entwicklung. Allerdings bedarf es natürlich einer Klärung, was eine Bewerbung um den Titel "Kulturhauptstadt" im Detail bedeutet - auch in finanzieller Hinsicht. Auch dieser Aspekt gehört zur Klärung dazu. Aber: Geld ist auch in diesem Fall nicht alles. Wichtiger sind kreative Ideen und Projekte!