Interview mit Hermann Rappe am 13. September 2012

„Wir wollen eine Partei der Arbeit sein und uns offenhalten für den technologischen Fortschritt. Wir sind eine Partei der Freiheit. Und wir sind die Partei der sozialen Sicherheit auf der Basis unserer Verfassung eines sozialen Rechtsstaates.“ - so Hermann Rappe 1985.

Er hat über Jahrzehnte die Entwicklung unserer Partei und - als Vorsitzender der Industriegewerkschaft Chemie-Papier-Keramik - der Gewerkschaften mitgestaltet und geprägt, er war 26 Jahre für den Wahlkreis Hildesheim Mitglied des Deutschen Bundestages. Das anstehende Jubiläumsjahr „150 Jahre SPD“ hat Sven Wieduwilt, Vorsitzender des Ortsverein Grasdorf-Luttrum zum Anlass genommen, mit Hermann Rappe hierzu ein Gespräch zu führen. Das Gespräch findet sich in der Ausgabe 4/2012 des Rundbriefes für den OV Grasdorf-Luttrum. Es soll aber auch hier dokumentiert werden.

Sven Wieduwilt (SW): 150 Jahre SPD, nächstes Jahr feiert die SPD ihr großes Jubiläumsjahr. Welche Bilanz würdest Du nach 150 Jahren SPD ziehen?

Hermann Rappe (HR): Dass es keine deutsche Geschichte gibt ohne sozialdemokratische Partei. Und das denke ich, ist eine ganz wichtige Feststellung, dass wir das Handeln, das Entwickeln der Menschen in den letzten 150 Jahren in diesem Land und darüber hinaus bestimmt haben.

SW: Wo siehst Du die größten Erfolge für unsere Partei?

HR: Ich glaube der größte Erfolg liegt in dem Beginn der Arbeit der Sozialdemokratischen Partei. Man muss sich ja immer klar machen, dass es eine liberale Revolution für die mittleren Schichten 1848 war, aber das dieser Revolution die soziale Komponente und die sozialen Grundsätze fehlten, und zwar fehlten für die ganze Arbeiterschaft, fehlten für die Frauen und für junge Menschen. Das heißt von Freiheit kann man nicht leben, ohne Freiheit auch nicht, aber zur Freiheit gehört die soziale Sicherung. Und das war der größte Beitrag der Sozialdemokratischen Partei, das deutlich zu machen.

SW: Die Niederlagen unserer Partei?

HR: Die größte Niederlage der Sozialdemokratischen Partei war ganz sicher 1949, der Beginn also der politischen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Wahlergebnis war eine große Niederlage.

SW: Wenn Du Dir das Wahlergebnis 1949 ansiehst, die Wahlniederlagen, die in den Jahren 1953 und 1957 folgten, und die Debatten, die dann in der SPD einsetzten, wie würdest Du diese Debatten im Rückblick beschreiben? Wie hast Du sie damals wahrgenommen?

HR: Wir hatten die große Last von vor 1933 noch auf dem Buckel. Ein Teil der Menschen hat ja immer in der Vorstellung gelebt, die Weimarer Republik sei im wesentlichen von der Sozialdemokratischen Partei am Ende getragen worden. Der Beginn dann 1945 konnte zunächst nur erfolgreich sein, weil wir 1933 gegen Adolf Hitler mit dem Ermächtigungsgesetz eindeutige Positionen bezogen haben. Wir haben ja dem Ermächtigungsgesetz im Reichstag, wie bekannt, nicht zugestimmt. Insofern war der Anfang 1945 auch für uns junge Sozialdemokraten ein ganz hoffnungsvoller Anfang. Aber wir hatten die Belastung des geteilten Landes, der sowjetisch besetzten Zone und des dauernden Verdachtes bürgerlicher Kreise, wir würden es mit den Kommunisten nicht ganz eindeutig klar abgegrenzt halten - obwohl Kurt Schumacher schon 1946 in seiner ersten Kundgebung deutlich formuliert hat, aus unserer Erfahrung der Weimarer Republik sind Kommunisten rotlackierte Faschisten. Und trotzdem hat Adenauer uns die dauernde ostpolitische Schwäche gegenüber den Kommunisten angedichtet.

SW: Die Debatten der 50er Jahre führten zu der „Neuaufstellung“ der SPD mit dem Parteitag 1958 und der damit verbundenen Veränderung der Organisation, und 1959 zu dem legendären Godesberger Programm. Wie war denn zur damaligen Zeit die Wahrnehmung des Godesberger Programms für Dich als Person?

HR: Auch da muss man noch einmal die historische Belastung an den Beginn einer solchen Antwort stellen. Das Heidelberger Programm der SPD von 1925 war ein nach links orientiertes Programm, weil man die USPD, die abgespalten war zu Beginn der Weimarer Republik, wieder in die SPD, in die Gesamtpartei zurückholen wollte. Insofern hatten wir noch Anfang der 50er Jahre das Heidelberger Programm als Richtschnur. Es begann dann nach 1953, der Wahlslogan 1953 von Konrad Adenauer war, alle Wege führen nach Moskau, und 1957 ebenfalls gleiche Entwicklung, gleiche Tendenz, und dann begann die Programmdiskussion, die dann zum Bad Godesberger Programm führte.
Es gab gar keinen Zweifel, der reformative Teil, also der Teil, der auf Reformen, auf demokratische Grundformen und Mehrheiten setzte, war Mehrheit in der SPD, nicht der Linksflügel. Insofern waren die Aussichten, das Bad Godesberger Programm in dieser Richtung zu entwickeln und danach Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik zu führen, mit einem ganz anderen Optimismus begleitet als in der Zeit zwischen 1949 und 1957.

SW: Ich würde jetzt gleich zu der Regierungsbeteiligung der SPD springen.

HR: Nachdem Erhardt als Bundeskanzler gescheitert war, kam 1966 die Große Koalition. Eine eindeutige Position des Parteivorstandes in diese Große Koalition zu gehen, um endlich die SPD als regierungsfähige Partei zu dokumentieren in der bundesrepublikanischen Politik. Dem folgte 1969 die Willy-Brandt-Wahl mit der Möglichkeit, mit einer zum linken Flügel hin entwickelten FDP eine Koalition zu machen. Das ging mit dieser FDP 1969 ohne große Schwierigkeiten, denn die neuen Männer der FDP, Walter Scheel und Döring und Frau Funke und viele andere, Karl-Hermann Flach als Generalsekretär, wollten eine andere Entspannungspolitik, eine andere Ostpolitik und diese andere Ostpolitik war sozusagen die Richtschnur für die erste Regierung Brandt und die zweite Regierung Brandt. Und insofern war die Wahl 1972 eine regelrechte Willy-Wahl und ein großer SPD-Erfolg.

SW: Wenn Du an Deine Zeit im Deutschen Bundestag denkst, was hat Dich am stärksten geprägt?

HR: Ich bin 1972 in den Bundestag gewählt worden. Zunächst war ich selber begeistert und erstaunt, dass der Wahlkreis Hildesheim mich direkt gewählt hat, denn das war nicht so ohne weiteres vorhersehbar: Erstens weil ich neu war und zweitens weil der Wahlkreis Hildesheim zu dem Zeitpunkt nicht so ganz eindeutig eine sozialdemokratische Hochburg war. Beeindruckt hat mich außer der Friedenspolitik, der Ostpolitik, der Entspannungspolitik dann vor allen Dingen ein dickes Bündel innenpolitischer Fragen und die SPD hat ja dann auch die Innenpolitik, die Sozialpolitik, die Gesellschaftspolitik, die Mitbestimmung, die Betriebsverfassung zum wichtigsten Punkt gemacht. Berufsausbildungsgesetz als ein Schwerpunkt, innenpolitische, sozialpolitische und gesellschaftspolitische Themen waren der große Bereich, den die SPD dann 1972 zum Mittelpunkt ihrer Politik gemacht hat.

SW: Neben der Politik in der Bundesregierung und der Bundestagsfraktion gab es in der SPD zunehmend Debatten um das Thema Wirtschaftsdemokratie, ab Mitte der 70er Jahre um ökologische Fragen, Ende der 70er Jahre Friedenspolitik mit den Spannungen, die sich dann auch in der SPD entwickelt haben. Wie beurteilst Du diese Entwicklungen?

HR: Ganz gut und auch ganz glatt ging noch eine rentenpolitische Entscheidung und die Mitbestimmungsentscheidung des 76er-Gesetzes. Das ging mit der FDP auch noch glatt, denn man darf ja bei den Entwicklungen, die in der SPD eine Rolle spielten, andererseits auch nicht die Entwicklungen des Koalitionspartners außer Acht lassen, denn da wuchs langsam der Genscher- und Lambsdorf-Flügel nach vorne und es gab so eine Entwicklung, bei der man ahnen konnte, es wird jetzt eine rechtsgestrickte FDP und keine linksliberale FDP mehr. In der SPD selbst gab es die großen Diskussionen um Reformpolitik. Die Reform, die die Regierung Schmidt machen musste im sozialpolitischen Bereich, also die Begrenzung der brutto-lohnbezogenen Rente, die Einführung also der netto-lohnbezogenen Rente, war eine der größeren Auseinandersetzungen in der Partei. Der zweite große Schwerpunkt waren ökologische Fragen. Das Auftreten dieser Diskussion hing zusammen und brachte Spannung mit der industriepolitischen Position seitens der Gewerkschaften und auch eines Teils der SPD, die die Sorge hatten, dass eine überdimensionierte Umweltpolitik aus damaliger Sicht die industriepolitische Position der SPD in Frage stellen und Arbeitsplätze in Gefahr bringen könnte. Erst nach 1980, nach 1984 gab es dann eine Diskussion in der SPD, die deutlich machte, Umweltpolitik wird nicht nur Arbeitsplätze verändern, sie wird auch neue schaffen.

SW: Du hast die Debatten in den 80er Jahre eben mit angesprochen, in den neuen Diskussionen nach 1982 und 1983, nach dem Regierungswechsel zu Schwarz-Gelb, gab es auch „korrigierende“ Debatten, z.B. zum Nato-Doppelbeschluss. Und es gibt Personen, die beschrieben die Stimmung in der SPD-Bundestagsfraktion und in der Partei als teilweise „haßerfüllt“. Würdest Du das auch so sehen?

HR: Die Spannungen in der Partei und in der Bundestagsfraktion waren außerordentlich groß, übrigens auch im DGB. Denn das war ja die Frage: Wie kann man die Bundesrepublik zu einem vollständigen und selbständigen Partner innerhalb des Nato-Bündnisses machen, wenn man die Wiedervereinigung haben will und die volle Kompetenz der Politik. Während die früheren Besatzungsmächte, vor allen Dingen auch die drei westlichen Besatzungsmächte, gegenüber der Bundesrepublik und auch gegenüber der Bundesregierung eindeutig, gegenüber jeder Bundesregierung, egal, welche Partei die Bundesregierung stellte, die eindeutige Forderung erhoben hat, wenn Nato-Truppen am eisernen Vorhang stehen sollen, um den Westen zu verteidigen, dann brauchen wir entweder die Kompetenz, die Kontrollrechte über die Bundeswehr und über die Bundesrepublik als letzte Instanz oder die Bundesrepublik bekommt die volle Selbständigkeit, dann aber mit den Kompetenzen auch einer notwendigen Verfassungsänderung durch die Notstandsgesetzgebung. Diese Auseinandersetzung hat die Bundesrepublik erfüllt und auch die Sozialdemokratische Partei in große Auseinandersetzungen gebracht.
Wir kamen dann 1982 an den Punkt, der ja in der Feststellung von Helmut Schmidt gegipfelt hat, in der Fraktionssitzung vor seinem Rücktritt: Das was ihr wollt, will ich nicht. Und das, was ich will, wollt ihr nicht. Ich bin der Auffassung, die Bundesrepublik kann nur als Vollmitglied in der NATO mit vollen Kompetenzen regiert und in die Wiedervereinigung gehen und die Wiedervereinigung fordern. Eine andere Möglichkeit ist nicht drin. Ich sehe kein anderes außenpolitisches Konzept.

SW: Ebenfalls in den 80er Jahren wurde 1985 die Kurt-Schumacher-Gesellschaft gegründet. Bei der ersten Tagung hast Du das Schlusswort gehalten und hast eine Charakterisierung sicherlich des „Seeheimer Kreises“, aber eigentlich auch eine Charakterisierung der gesamten Partei vorgenommen.
Bestimmte Punkte haben sich historisch erledigt, z.B. die Abgrenzung zu den Kommunisten ist irrelevant geworden, andere Punkte sind erstaunlich aktuell, z.B. die Aussage „Partei der Arbeit“. Wie erklärst Du Dir die Aktualität einer Aussage, die Du vor 27 Jahren getroffen hast.

HR: Nun, ich bin ja von 1945 an in der Sozialdemokratischen Partei tätig gewesen, aber eben auch von Anfang an in den Gewerkschaften und ich war ja als Sozialdemokrat Gewerkschaftsfunktionär. Ich könnte mir das eine ohne das andere nicht vorstellen, aber das die Sozialdemokratische Partei die Partei der Arbeit ist und der sozialen Verantwortung sein muss und das sie auf der Seite des immer schwächeren Teils der Bundesrepublik stehen muss und, dies auch von Generation zu Generation sich zwar in den Formen ändert, sie aber die Partei der wirtschaftlichen Kompetenz und der Arbeitskompetenz und der sozialen Sicherheit sein muss, das ist wohl unbestritten. Und das wäre keine sozialdemokratische Partei mehr, wenn sie diese Grundsätze nicht hätte.

Abschlußrede Hermann Rappe
Auszug aus der Abschlussrede von Hermann Rappe bei der ersten Tagung der Kurt-Schumacher-Gesellschaft 1985:

SW: Du hast eben Deine Tätigkeit bei den Gewerkschaften angesprochen. Sowohl SPD als auch Gewerkschaften haben ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung. Schreiten beide noch „Seit´ an Seit“ oder sind die Differenzen so groß, dass man eher von einer privilegierten Partnerschaft sprechen muss als von einem historischen Bündnis?

HR: Also der Beginn ist ja eine einheitliche Formation und ein einheitliches Auftreten bis 1906. Man muss immer im Kopf haben, dass 1905 auf dem Parteitag Clara Zetkin gegen August Bebel den Standpunkt vertreten hat, dass der politische Streik Sache der Partei ist und der Tarifstreik Sache der Gewerkschaften ist.
Dazu ist dann 1906 das „Mannheimer Abkommen“ abgeschlossen worden zwischen dem Gewerkschaftsvorstand und dem Parteivorstand. Seitdem gibt es eine organisatorische Trennung zwischen Partei- und Gewerkschaftsvorstand. Das Zusammenspiel ging gut, auch in der Weimarer Republik, auch nach der Weimarer Republik, also ab 1945. Spannung gab es meiner Ansicht eine ganze Zeit lang in der Phase, wo die SPD Regierungspartei war. Das ist für eine Reihe auch im DGB links-orientierten Gewerkschaften der 60er, 70er und 80er Jahre ein dicker Brocken gewesen zu begreifen, dass die SPD trotz ihrer Verpflichtung die Partei für die Arbeitnehmer im wesentlichen zu sein, dass sie dennoch für das Ganze und für das Volk und für das Land verantwortlich ist, das ergab die Spannungen. Inzwischen glaube ich, dass sowohl im DGB, was eine wichtige Voraussetzung ist, wenn ich mir die Einzelgewerkschaften ansehe, eine andere Sicht der Regierungsfähigkeit der SPD gereift ist. Heute wird, glaube ich, besser als vor 20 oder 30 Jahren begriffen, dass die Sozialdemokratische Partei Regierungspartei, Koalitionspartner einer anderen Partei sein muss und sein wird, aber dass es wichtig ist, dass ihre Stimme in der praktischen Politik zur Geltung kommt.

SW: Auch zum Thema Gewerkschaften: In den 70er und 80er Jahren gab es große gemeinwirtschaftliche Unternehmungen, die gescheitert sind. Eigentlich sprach man von einem Ende der Gemeinwirtschaft. Heute gibt es viele Genossenschaften, Energiegenossenschaften, kleine Läden in ländlichen Gemeinden, die als Genossenschaften organisiert sind. Kann man heute davon reden, dass die Idee der Gemeinwirtschaft doch nicht überholt ist, dass dieser Gedanke, der auch aus der Geschichte der Arbeiterbewegung stammt, eine Aktualität haben kann und haben wird?

HR: Die gemeinwirtschaftliche und genossenschaftliche Organisation von Teilen der Wirtschaft war ja eine integrative Position der Sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaften. Im Zeichen der ganzen Privatisierungsdiskussion und der damit verbundenen Regierungsentscheidungen, sagen wir mal in Fragen des Wohnungsbaus oder auch des Versicherungswesens, sind ja konservative Parteien nicht nur, sondern auch konservative Wirtschaftspositionen in den Mittelpunkt gerückt worden. Die Sozialdemokratische Partei hat unter dem Rückgang der Gemeinwirtschaft und der genossenschaftlichen Entwicklung gelitten, aber noch viel mehr die Gewerkschaften. Ich glaube, dass die Position, die zum Teil eingenommen worden ist, auch schuldhaftig bei den Genossenschaften und gemeinwirtschaftlichen Betrieben lag. Man kann nicht beides, genossenschaftlich, gemeinwirtschaftlich tätig sein, preisbestimmend Orientierung für Arbeitnehmer schaffen und andererseits noch Gewinne abwerfen wollen für die gemein-wirtschaftlichen Obergesellschaften. Das passt einfach in einer Privatwirtschaft nicht zusammen.
Ich glaube, dass der Genossenschaftsgedanke nach einer allgemeinen Privatisierungswelle in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren wieder an Boden gewonnen hat. Es reift langsam der Gedanke wieder, dass z.B. Wasserwerke, zum Teil auch Energiebetriebe, nicht nur gewinnorientiert, privatwirtschaftlich arbeiten müssen, sondern genossenschaftlich viel bessere Wirkungen und auch Versorgungsfragen entwickeln können als eben andere privatwirtschaftlich organisierte Betriebe. Der Genossenschaftsgedanke ist auf dieser Ebene der Energie- und Wasserwirtschaft langsam aber sicher wieder auf dem Vormarsch, habe ich den Eindruck.

Traditionsfahne
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SW: Zurück zur SPD. Wo würdest Du die Heraus-forderungen für die SPD in der mittelfristigen Zukunft sehen?

HR: Ich würde sie so sehen, dass sie sich den Entwicklungen jeder neuen Generation neu stellen muss. Das ist auch der Sinn demokratischer Politik, immer Mehrheiten zu suchen und Mehrheiten zu schaffen, um den Anforderungen einer sich entwickelnden Gesellschaft nachzukommen. Und wenn ich mir die Themen, die jetzt und in der allernächsten Zukunft eine große Rolle spielen werden, dann ist das im eigenen Land ganz sicher Bildung, Umwelt und soziale Sicherheit, auch als Antwort auf den Generationenprozess, der sich abspielt, und viel wichtiger und umfassender ist, dass der europäische Prozess, der Einigungsprozess, der langsam aber sicher die Nationalstaatlichkeit überwindet und, wie Barosso jetzt gerade in den letzten Tagen erklärt hat, es eine Föderation der Nationalstaaten geben muss, über den EG-Vertrag hinaus. Europa würde sonst mit seiner Kultur und seinem Fortschritt und seinen Lebensbedingungen gegenüber anderen Räumen in der Welt keine Chance mehr haben.

Biographische Angaben zu Hermann Rappe

Gewerkschaftssekretär
Geboren am 20. September 1929 in Hannoversch Münden; verheiratet, ein Kind.
Volksschule, Realschule, mittlere Reife.
Kaufmännische Berufsschule, Kaufmannsgehilfenprüfung.

1950 bis 1952 kaufmännischer Angestellter bei der Konsumgenossenschaft.
Seit 1953 Sekretär bei der IG Chemie-Papier-Keramik,
seit 1966 Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes in Hannover und
1982 bis 1995 1. Vorsitzender der Industriegewerkschaft Chemie-Papier-Keramik.
1988 bis 1995 Präsident der internationalen Föderation von Chemie-Energie- und Fabrikarbeiterverbänden (ICEF).